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Nana Mouskouris „Durch die Nacht“ und Reinhard Meys „Sei wachsam“

11. Juni 2024

Dieses Lied hörte ich zufällig in der Silvesternacht lange nach Mitternacht in einer Musiksendung auf einem der Dritten Programme und war erstaunt, dass ich diesen Titel noch nie zuvor gehört hatte, obwohl wir in Deutschland mit den deutschsprachigen Liedern von Nana Mouskouri groß geworden sind.

Und ich fand es nicht nur wunderschön (traurig), sondern auch überaus passend in diese aktuell ganz besonders dunklen und herzlos kalten Zeiten, wie ich finde.

Und auch ich hab soviel geseh’n, kann nicht mehr versteh’n.

Und in der Tat: Angst steht vor der Tür, doch nicht nur bei mir, sondern bei allen Aufgewachten, die sich nicht von der nur scheinbar heilen Spaßgesellschaft einlullen lassen, sondern der aktuellen brandgefährlichen politischen Entwicklung ins Auge sehen, ganz im Sinne von Reinhard Meys Song „Sei wachsam“, dessen Text ich weiter unten ebenfalls verlinkt habe, wo auch das Video dazu zu sehen ist. Aber hier zunächst der Text von Durch die Nacht, während ich nicht zu einem Video auf YouTube verlinke, das ja auch jeder selbstständig aufrufen kann, da man heutzutage nie sicher sein kann, dass „einem kein Strick daraus gedreht wird“ (von wegen „Embedding“, https://www.e-recht24.de/urheberrecht/12829-darauf-muessen-sie-beim-video-embedding-achten.html):

Durch die Nacht

Du mußt mich begleiten
Durch diese herzlos kalten Zeiten
Mir fehlt der Mut allein zu geh’n
Durch die Nacht

Darfst mich nicht verlassen
in diesen dunklen leeren Straßen
Hilf mir mit deiner Zuversicht
Durch die Nacht

Hab soviel geseh’n
Kann nicht mehr versteh’n
Schlaf nicht mehr gut ein
Kann nicht mehr verzeih’n
Angst steht vor der Tür
Doch nicht nur bei mir
Darum darf ich dich
Nie verlier’n

Du sagst zu mir immer
Die Liebe ist ein Hoffnungsschimmer
Sie bringt uns irgendwann bestimmt
Durch die Nacht

Menschen werden lernen
Wie viele Träume auch noch sterben
Mit dieser Hoffnung leb ich weiter
Jeden Tag

Du mußt mich begleiten
Durch diese herzlos kalten Zeiten
Ist es auch noch ein langer Weg
Durch die Nacht

Menschen werden lernen
Wie viele Träume auch noch sterben
Mit dieser Hoffnung leb ich weiter
Jeden Tag

Du mußt mich begleiten
Durch diese herzlos kalten Zeiten
Ist es auch noch ein langer Weg
Durch die Nacht

Ist es auch noch ein langer Weg
Durch die Nacht
Ist es auch noch ein langer Weg
Durch die Nacht
Durch die Nacht

(A. Franke / J. Horn-Bernges / J. Horn-Bernges)

http://www.nanamouskouri.de/durchdie.htm

Sei wachsam

Reinhard Mey

Ein Wahlplakat zerrissen auf dem nassen Rasen,
Sie grinsen mich an, die alten aufgeweichten Phrasen,
Die Gesichter von auf jugendlich gemachten Greisen,
Die Dir das Mittelalter als den Fortschritt anpreisen.
Und ich denk‘ mir, jeder Schritt zu dem verheiß’nen Glück
Ist ein Schritt nach ewig gestern, ein Schritt zurück.
Wie sie das Volk zu Besonnenheit und Opfern ermahnen,
Sie nennen es das Volk, aber sie meinen Untertanen.
All das Leimen, das Schleimen ist nicht länger zu ertragen,
Wenn du erst lernst zu übersetzen, was sie wirklich sagen:
Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm:
Halt du sie dumm, — ich halt‘ sie arm!

Sei wachsam,
Präg‘ dir die Worte ein!
Sei wachsam,
Fall nicht auf sie rein!Paß auf, daß du deine Freiheit nutzt,
Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!
Sei wachsam,
Merk‘ dir die Gesichter gut!
Sei wachsam,
Bewahr dir deinen Mut.
Sei wachsam
Und sei auf der Hut!

Du machst das Fernsehen an, sie jammern nach guten, alten Werten.
Ihre guten, alten Werte sind fast immer die verkehrten.
Und die, die da so vorlaut in der Talk-Runde strampeln,
Sind es, die auf allen Werten mit Füßen rumtrampeln:
Der Medienmogul und der Zeitungszar,
Die schlimmsten Böcke als Gärtner, na wunderbar!
Sie rufen nach dem Kruzifix, nach Brauchtum und guten Sitten,
Doch ihre Botschaft ist nichts als Arsch und Titten.
Verrohung, Verdummung, Gewalt sind die Gebote,
Ihre Götter sind Auflage und Einschaltquote.
Sie biegen die Wahrheit und verdrehen das Recht:
So viel gute alte Werte, echt, da wird mir echt schlecht!
Sei wachsam,
Präg‘ dir die Worte ein!
Sei wachsam,
Fall nicht auf sie rein!Paß auf, daß du deine Freiheit nutzt,
Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!
Sei wachsam,
Merk‘ dir die Gesichter gut!
Sei wachsam,
Bewahr dir deinen Mut.
Sei wachsam
Und sei auf der Hut!

Es ist ’ne Riesenkonjunktur für Rattenfänger,
Für Trittbrettfahrer und Schmiergeldempfänger,
’ne Zeit für Selbstbediener und Geschäftemacher,
Scheinheiligkeit, Geheuchel und Postengeschacher.
Und die sind alle hochgeachtet und sehr anerkannt,
Und nach den schlimmsten werden Straßen und Flugplätze benannt.
Man packt den Hühnerdieb, den Waffenschieber läßt man laufen,
Kein Pfeifchen Gras, aber ’ne ganze Giftgasfabrik kannst du kaufen.
Verseuch‘ die Luft, verstrahl‘ das Land, mach ungestraft den größten Schaden,
Nur laß dich nicht erwischen bei Sitzblockaden!
Man packt den Grünfried, doch das Umweltschwein genießt Vertrau’n,
Und die Polizei muß immer auf die Falschen drauf hau’n.

Sei wachsam,
Präg‘ dir die Worte ein!
Sei wachsam,
Fall nicht auf sie rein!Paß auf, daß du deine Freiheit nutzt,
Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!
Sei wachsam,
Merk‘ dir die Gesichter gut!
Sei wachsam,
Bewahr dir deinen Mut.
Sei wachsam
Und sei auf der Hut!
Wir ha’m ein Grundgesetz, das soll den Rechtsstaat garantieren.
Was hilft’s, wenn sie nach Lust und Laune dran manipulieren,
Die Scharfmacher, die immer von der Friedensmission quasseln
Und unterm Tisch schon emsig mit dem Säbel rasseln?
Der alte Glanz in ihren Augen beim großen Zapfenstreich,
Abteilung kehrt, im Gleichschritt marsch, ein Lied und heim ins Reich!
„Nie wieder soll von diesem Land Gewalt ausgehen!“
„Wir müssen Flagge zeigen, dürfen nicht beiseite stehen!“
„Rein humanitär natürlich und ganz ohne Blutvergießen!“
„Kampfeinsätze sind jetzt nicht mehr so ganz auszuschließen.“
Sie zieh’n uns immer tiefer rein, Stück für Stück,
Und seit heute früh um fünf Uhr schießen wir wieder zurück!


Sei wachsam,
Präg‘ dir die Worte ein!
Sei wachsam,
Fall nicht auf sie rein!Paß auf, daß du deine Freiheit nutzt,
Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!
Sei wachsam,
Merk‘ dir die Gesichter gut!
Sei wachsam,
Bewahr dir deinen Mut.
Sei wachsam
Und sei auf der Hut!

Ich hab‘ Sehnsucht nach Leuten, die mich nicht betrügen,
Die mir nicht mit jeder Festrede die Hucke voll lügen,
Und verschon‘ mich mit den falschen Ehrlichen,
Die falschen Ehrlichen, die wahren Gefährlichen!
Ich hab‘ Sehnsucht nach einem Stück Wahrhaftigkeit,
Nach ’nem bißchen Rückgrat in dieser verkrümmten Zeit.
Doch sag die Wahrheit und du hast bald nichts mehr zu lachen,
Sie wer’n dich ruinier’n, exekutier’n und mundtot machen,
Erpressen, bestechen, versuchen, dich zu kaufen.
Wenn du die Wahrheit sagst, laß draußen den Motor laufen,
Dann sag sie laut und schnell, denn das Sprichwort lehrt:
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.
Sei wachsam,
Präg‘ dir die Worte ein!
Sei wachsam,
Fall nicht auf sie rein!Paß auf, daß du deine Freiheit nutzt,
Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!
Sei wachsam,
Merk‘ dir die Gesichter gut!
Sei wachsam,
Bewahr dir deinen Mut.
Sei wachsam
Und sei auf der Hut!

https://www.deutschelyrik.de/sei-wachsam.html